Zauber der Kleinsten: in der Eltern-Kind-Gruppe

Am Dienstagnachmittag von 15.00 bis 17.00 Uhr und zwei Mal am Mittwoch (9.30 bis 11.30 Uhr und 15.00 bis 17.00 Uhr) findet an der RSSK die Eltern-Kind-Gruppe für die Kleinsten statt. Wir schauen Karin Locher, Leiterin der Eltern-Kind-Gruppen am Mittwoch, den Kindern und Eltern über die Schulter.


Die Tür steht weit offen. Manche Kinder kommen auf Papas Arm, manche an Mamas Bein, manche ganz stolz allein – jedes wird von Gruppenleiterin Karin Locher herzlich begrüsst. Am Tisch treffen alle zusammen. Die Gruppenzeit am Vormittag beginnt mit einem gemeinsamen Znüni: Zeit anzukommen, sich zu stärken und für einen ersten Austausch der Eltern und Kinder. „Das Gute daran ist auch, dass man noch später hinzukommen kann und noch nichts von der Spielzeit verpasst hat“, sagt Karin Locher. Am Nachmittag  und in der Gruppe ihrer Kollegin Christiane Züger am Dienstag ist das gemeinsame Essen genauso wichtig. Dann gibt es an Stelle des Znüni einen Zvieri – beides mit saisonalen Biofrüchten, im Winter zusätzlich mit selbst gebackenem Brot oder in der Weihnachtszeit mit Dattelkeksen, natürlich ohne Zucker. Frisch gestärkt sind die Kinder bereit fürs freie Spiel.

Eine liebevolle Umgebung

Fürs freie Spiel hat Karin Locher einen Teil des Kindergartens als Spielraum abgetrennt und die Umgebung liebevoll und dem Entwicklungsstand der Kleinen angepasst eingerichtet. Die runde bunte Spieldecke, die an eine Sonne erinnert, wirkt einladend beim Betreten des Spielraums. Darauf liegen bunte Holzringe und -scheiben in einem Korb, in einem weiteren Korb finden sich Schneckenbänder und Seile, Bauklötze aus Holz, Filzbälle, Zwerge, ein sogenanntes „Pikler-Dreieck“ lädt zum Ausprobieren, Klettern und Rutschen ein. „Gekocht werden“ kann in der Spielküche, in Dosen warten Korken und Wolle zum Fühlen, Sortieren oder eben um damit das zu tun, was den Kindern gerade in den Sinn kommt, für die Erwachsenen gibt es bunte Sitzkissen.

Freies und ungestörtes Entdecken

Los geht es im Sitzkreis mit der Begrüssung jedes einzelnen Kindes, dazu wird Harfe gespielt und ein Lied gesungen. Im Anschluss ziehen sich die Erwachsenen an den Rand des Raumes zurück. „Wir geben den Kindern Raum und wollen, dass sie frei und ungestört entdecken können. Alle dürfen sich in ihrem eigenen Rhythmus und ohne Anleitung selbstständig entfalten und wertvolle Sinneserfahrungen sammeln“, erklärt Karin Locher. Eine Mutter freut sich jede Woche auf das Zusammensein, weil „ich darauf vertrauen kann, dass sich mein Kind wohl fühlt und so sein kann, wie es ist.“

„Oft ist es das erste Mal für die Kleinen, dass sie soziale Kontakte zu anderen Kindern knüpfen und andere Menschen in einer zunächst fremden Umgebung begegnen“, sagt Karin Locher. Klar, dass es da auch zu ersten Konflikten zwischen den Kindern kommt. „Bei Unstimmigkeiten sollen die Kinder zuerst einmal die Möglichkeit haben, selbst eine Lösung zu finden. Der Einfallsreichtum und die angeborene Achtsamkeit, mit welcher die kleinen Weltentdecker ihrem Gegenüber begegnen, berühren mich jedes Mal aufs Neue.“  Die Gruppenleiterin begleitet solche Situationen vor dem Hintergrund ihres Wissens zur Waldorfpädagogik und u.a. dem Motto von Maria Montessori „Hilf mir es selbst zu tun“ sowie der Pikler-Pädagogik (z.B. autonome Bewegungsentwicklung, freies Spiel, beziehungsvolle Pflege und Führung in sozialen Lernprozessen) – für die Eltern spannend zu beobachten und zugleich entspannend.

Der Zauber der feinen Momente

In den Eltern-Kind-Gruppen kommen momentan je fünf Kinder zwischen sechs Monaten und drei Jahren mit einem Elternteil. „Vier bis sechs Kinder sind ideal,  je nach Gruppenkonstellation“, erläutert Karin Locher. „Mir ist die Wahrnehmung und Beobachtung jedes einzelnen Kindes sehr wichtig. Die kleinen Momente mit und zwischen den Kindern sind so flüchtig. Gerne weise ich die Eltern auch auf Situationen hin. Manchmal schauen wir uns einfach an, lächeln uns zu und wissen, wir haben denselben Augenblick genossen.“
Gerade das ist es, was Karin Locher als „Geschenk an die Eltern“ bezeichnet: „ohne Ablenkung im Jetzt und in der Beobachtung sein zu dürfen. Viele Eltern sagen, es sei sehr entspannend, einmal durchatmen zu können, sich zurückzulehnen und sein Kind zu geniessen. Das gibt den Erwachsenen neue Kraft und Ausgeglichenheit für den Alltag.“ Karin Locher berichtet begeistert von vielen kleinen, feinen Momenten zwischen den Kindern und dem „Zauber“, der in der Kommunikation der Kleinen liegt: „Die Sprache steht den Kindern teilweise noch nicht zur Verfügung – sie verständigen sich mit ihrem ganzen Körper und ihrem Blick. Diesen Feinheiten wird hier Gewicht und Raum gegeben. Da können auch wir Erwachsenen viel wieder entdecken und neu lernen“.

Handgestenspiele, Kniereiterverse, Lieder und Goldtröpfli

Das freie Spiel nimmt den meisten Raum ein. Ungefähr eine Stunde ist dafür im Ablauf eingeplant. Karin Locher ist froh, dass sie mit insgesamt zwei Stunden genug Zeit zur Verfügung hat, sodass die Kinder entspannt spielen, die Eltern zur Ruhe kommen können und sie die Übergänge in Ruhe gestalten kann. Das Aufräumen wird vom immer gleichen „Aufräumlied“ begleitet, wobei es mehr darum geht, dass die Eltern das Wegräumen der Spielsachen vormachen und die Kinder irgendwann selbst in die Nachahmung finden. Der folgende Teil mit Handgestenspielen, Kniereiterversen und Liedern, bei dem alle sich wieder im Kreis versammelt haben, wird mit dem „Goldtröpfli“ eingeleitet. Jedes Kind bekommt einen Tropfen Moorlavendelöl zum Einreiben auf die Hände. „Das Öl riecht fein und hat eine umhüllende Wirkung auf die Kinder“, sagt Karin Locher. Es folgt direkt das erste, sehr beliebte Handgestenspiel „Dub-Dub“, bei dem alle eingeölten Fingerlein angetippt werden. Danach geht es mit Spielen und Versen weiter. Am Ende kommt noch etwas zum Staunen und Schauen: In einem kleinen Schosspuppenspiel lässt Karin Locher die Jahreszeit nochmals in einer Geschichte erleben. Die Kinder freuen sich schon sichtlich auf den sommerlichen Pflaumenzwerg und nehmen mit ihrem Sitzkissen selbstständig einen Platz vor der „Bühne“ ein.

Sicherheit durch rhythmische Abläufe

So führt die Eltern-Kind-Gruppe die Kinder bereits in die rhythmischen Abläufe ein, wie sie in der Spielgruppe und im Kindergarten an der RSSK fortgesetzt werden. Auch dort geben ihnen das immer wiederkehrende „Programm“, die mit gesungenen Liedern begleiteten Übergänge und Rituale wie das „Goldtröpfli“ Sicherheit und Entspannung.
Der Rhythmus findet sich nicht nur im Ablauf der Gruppenzeit, sondern bietet auch Orientierung im Jahreslauf. So kehrt im Frühjahr beim Puppenspiel das Blümlein, im Sommer der Pflaumenzwerg, im Herbst der Igel und im Winter der Winterwicht Olé zurück. Handgestenspiele und Kniereiterspiele wechseln ebenfalls je nach Jahreszeit ab. Viele Familien übernehmen Rituale, Lieder und Spiele in ihren Alltag zuhause – ob aktiv durch die Eltern oder indem die Kinder nachahmen, was sie in der Gruppe gehört, erlebt, gespielt haben. Bei manchen ist das „Goldtröpfli" Teil des Einschlafrituals geworden, andere singen das „Aufräumlied“ zuhause oder übernehmen Anregungen für Spiele und Basteleien.

Wertvolle Impulse

Zu den wertvollen Impulsen für die Eltern gehören nicht nur die Inhalte wie Spiele, Lieder und Rituale. Besonders wichtig ist vielen Erwachsenen, „durch den Austausch mit anderen Eltern neue Lösungswege kennenzulernen, einen neuen Blickwinkel zu bekommen“, wie ein Elternteil erklärt. Hierfür bietet Karin Locher immer auch einen Themenabend pro Kurs an, an dem die Eltern beider Gruppen zusammenkommen. „Einmal geht es um die Trotzphase, einmal um Geschwister oder um freies Spiel – was die Eltern eben gerade bewegt. Oft werden die Themen in der Gruppe danach wieder aufgegriffen und noch weiter besprochen.“ Nicht nur Karin Locher ist der Abend mit den Eltern wichtig. Eine Mutter berichtet: „Die Themenabende finde ich sehr hilfreich. Uns Eltern beschäftigen ja eigentlich alle dieselben Fragen. Sich dort auszutauschen und auch Fachwissen zum Thema zu bekommen, finde ich gut.“

Gegen 11.30 Uhr endet der Vormittag in der Eltern-Kind-Gruppe (um 17 Uhr am Nachmittag) mit einem gemeinsamen Abschluss, bei dem jedes Kind selbst „Harfentöne verschicken darf und so noch einmal einzeln wahrgenommen wird“, berichtet Karin Locher. Danach öffnet sich wieder die Türe und Eltern und Kinder gehen sichtlich ausgeglichen und entspannt nach Hause.

Alle Informationen auf einen Blick

Die Eltern-Kind-Gruppe findet immer dienstags von 15 bis 17 Uhr (Gruppenleitung Christiane Züger) und mittwochs in drei Gruppen von 8.15 bis 10 Uhr, 10.15 bis 12.00 Uhr und 15 bis 17 Uhr (Gruppenleitung Karin Locher) statt. Sie bietet Raum für einen Elternteil (bzw. Grosseltern oder andere nahe Bezugspersonen) und deren Kinder im Alter von 0 bis ca. 3 Jahren. Ablauf und Konzept sind in allen drei Gruppen gleich. Ein Abo startet jeweils nach den Ferien (Schulferien der RSSK, Ferienplan hier) und läuft bis zu den nächsten Schulferien, ca. 6-8 Einheiten (bei offenen Plätzen kann auch während des laufenden Kurses eingestiegen werden).


Kosten

Der Kurs kann im Abo von 6-8 Einheiten wahrgenommen werden, pro Tag werden 28 CHF verrechnet. Eine Kurseinheit/Abo beinhaltet einen Begleitabend.


Wie geht es an der RSSK weiter?

Alle Informationen zu Spielgruppe und Kindergarten.

Karin Locher
Leitung Eltern-Kind-Gruppe, Mittwoch

„Mein Herz schlägt für die frühe Kindheit! Ich freue mich, dieser Zeit genug Bewunderung und Aufmerksamkeit entgegenzubringen und immer wieder am Zauber der kleinen Momente zwischen den Kindern teilhaben zu dürfen.“

Seit Januar 2022 ist Karin Locher an der RSSK für die Eltern-Kind-Gruppe zuständig. Als ausgebildete Naturpädagogin und mit dem Abschluss als Spielgruppenleiterin und Eltern-Kind-Gruppen-Leiterin am Institut für Elementarpädagogik an der AfaP in Basel (IASWECE anerkannt) arbeitet sie bereits viele Jahre aus Leidenschaft mit Kindern und ist parallel als Leiterin einer Waldspielgruppe in ihrer Heimat und als Gruppenleiterin bei den Waldkindern St. Gallen tätig. Sie selbst hat sechs Kinder im Alter von 8 bis 26 Jahren.

 

Christiane Züger
Leitung Eltern-Kind-Gruppe, Dienstag

„Für mich ist es wichtig, einen Raum zu schaffen, in dem Eltern und Kinder gleichermassen ‚einfach’ sein dürfen. Im gehaltenen, gemeinsamen Ablauf wird die Zeit relativ und Rhythmus erlebbar.“

Christiane Züger bietet nach einer gut einjährigen Pause seit Juni 2023 wieder eine Eltern-Kind-Gruppe an der RSSK an. Sie ist gelernte Kinderkrankenschwester und hat schon immer mit Kindern gearbeitet. Die fünffache Mutter ist seit 2016 an der RSSK, wo sie zunächst zusammen mit Andrea Loser eine weitere Spielgruppe aufbaute. 2019 gründete sie die Eltern-Kind-Gruppe neu, für die sie ein Konzept erarbeitete und absolvierte die Ausbildung zur Eltern-Kind-Gruppen-Leiterin am Institut für Elementarpädagogik an der AfaP in Basel (IASWECE anerkannt). Aktuell ist Christiane Züger in Ausbildung zur Paar- und Familienberatung am IKP in Zürich.

 

Text und Fotos: Anika Mahler

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