Landwirtschaftspraktikum – eine Neuntklässlerin berichtet

Das Landwirtschaftspraktikum in der 9. Klasse ist fester Bestandteil des Lehrplans an Steiner Schulen. Besonders in der heutigen Zeit, in der es Jugendlichen leicht gemacht wird, sich in der virtuellen Welt der Medien zu verlieren, bietet es ein authentisches Erlebnis, bei dem die Schüler*innen selbstwirksam mitarbeiten und erfahren, wie unsere Lebensmittel entstehen, wie die Natur Einfluss auf uns und wie wir Einfluss auf die Natur haben. Neuntklässlerin Carolina berichtet von ihrer Zeit an einem Hof im Engelbergertal.
In der 9. Klasse geht jede*r Schüler*in in ein dreiwöchiges Praktikum auf einen Bauernhof. Man sucht einen Hof aus, bewirbt sich, bekommt eine Rückmeldung. Die Anreise erfolgt mit öffentlichen Verkehrsmitteln, möglichst alleine.
Ich durfte mein Praktikum auf einem wundervollen Hof im Engelbergertal verbringen. Als ich aus dem Zug stieg, begann ich zu laufen und als ich dann nach einiger Zeit über eine kleine Erhebung blicken konnte, sah ich den Hof. Im Licht der Sonne und in einem farbenfrohen Kleid lag er vor mir – ich lächelte.
Die Welt der Heilpflanzen
Der Hof hat Kühe, Hühner und Katzen. Die Kühe geben Milch, doch der Schwerpunkt der Familie ist die Welt der Heilpflanzen. Rund um ein Wohnhaus, das Kräuterhaus und einen Stall befinden sich Gärten und Wiesen. Jeder Garten ist anders und entspricht den perfekten Umständen für bestimmte Pflanzen. Jede Pflanze trägt eine Kraft in sich, und die Menschen auf dem Hof setzen die Pflanze genau mit dieser Kraft ein. Auch schwache oder kranke Tiere bekommen die haus- und handgemachten Heilmittel des Hofs. Die Familie und ein paar Mitarbeitende haben sich gemeinsam Rezepturen für die Produkte erarbeitet. Alle Produkte sind vor Ort oder auch im Internet erhältlich.

Ein Tag auf dem Hof
Jeden Morgen ging ich direkt nach dem Frühstück in den Stall. Die Kühe waren schon gemolken. Ich mistete und füllte Tränken nach. Dann liess ich die Tiere auf die Weide. Als alle Tiere draussen waren, putzte ich ihre Plätze mit Wasser. Damit die Tiere abends fast freiwillig hereinkommen, muss Heu in allen Krippen sein. Darum füllt man am Morgen alle Krippen mit frischem Heu. Nachdem der Stall fertig vorbereitet war, widmete ich mich den Kräutern und Pflanzen. Es wird auf dem Hof gesammelt und verarbeitet, gejätet, gepflanzt, pikiert und vieles mehr. Am Abend werden alle Tiere reingenommen und die Kühe gemolken. Dazu gibt es zwei kleine Milchmaschinen. Sind alle Tiere versorgt und das Licht gelöscht, ist Feierabend.
Der Hof macht auch Fleisch. Es werden Tiere geschlachtet, die hier ein glückliches Leben hatten. Das Fleisch wird vor Ort verarbeitet – es ist also sehr hochwertiges Rind- oder Kalbfleisch eines respektvoll behandelten Tieres.
Eine wertvolle Erfahrung
Das Landwirtschaftspraktikum war in einigen verschiedenen Aspekten sehr hilfreich für mich. Zum einen, weil ich unglaublich viel gelernt und erfahren habe – das Leben in einem handwerklichen Beruf, der Umgang mit Tieren, die Kräfte verschiedener Pflanzen und auch einfach immer einsatzbereit zu sein. Zum anderen konnte ich mal etwas anderes und Neues sehen, eine neue Umgebung und neue Aufgaben. Ich habe unglaublich viel mitgenommen, was ich natürlich vor allem den freundlichen Menschen auf dem Hof zu verdanken habe. Ich durfte sehr viel lernen und habe neue Ansichten bekommen.
Ich wünsche jedem Menschen, so eine Erfahrung machen zu dürfen und Neues zu lernen. Vielen Dank allen Beteiligten, die mir diese wunderbare Zeit ermöglicht haben.
Text und Fotos: Carolina Straussner